Bezug zu heute und zur Geschichte

Gesellschaft und Hobbes

Allgemeine und universelle Betrachtung

Im Jahr 1977 veröffentlichte der deutsche Autor Günther Grass seinen Roman «Der Butt», der in vielen Sprachen übersetzt wurde. Hier behandelt er angelehnt an das Volksmärchen «Der Fischer und seine Frau» die geschichtliche Entwicklung der Menschen vom Neolithikum bis zur Streikbewegung der Solidarność im Jahr 1970, also bis zur damaligen Gegenwart1. Dieses Volksmärchen stellt nun sehr genau dar, dass der Mensch, in diesem Fall besonders die Frau, nie zufrieden ist und immer mehr haben will2. Und noch 2005 brachte es die Regisseurin Dörris Dörie auf die Idee zum gleichnamigen Film. Daran zeigt sich, dass das Problem der Pleonexia immer noch aktuell ist.

Auch der indische Politiker Mathma Gandhi (1896 – 1948) stellte die Behauptung auf: «Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier.». Wie Hobbes sah er das höchste Ziel der Menschheit im dauerhaften Frieden.

Einzelne Beispiele

Frankreich: Vom Absolutismus zur Revolution
Ludwig XIV., König von Frankreich, lebte nach dem Wahlspruch des Absolutismus‘ «L'État, c'est moi!» — «Der Staat bin ich». Bei Hobbes ist aber der Souverän keinesfalls der Leviathan, im Gegenteil, er es ist nicht mal Teil davon, er bleibt im Naturzustand. Das Verhalten des französischen Königs, seinen Prunk mehr zu schätzen und zu fördern als das Wohl des Volkes führte schließlich zur Französischen Revolution und zur Hinrichtung Ludwigs XVI.

Situation nach dem Zweiten Weltkrieg: Vom Kalten Krieg zur Wiedervereinigung
Am so genannten Kalten Krieg lässt sich gut zeigen, was Hobbes mit dem Kriegszustand meinte: Erstens, es herrscht eine Konkurrenz zwischen den Mächten der NATO und denen des Warschauer Paktes; zweitens, das Misstrauen ist auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs deutlich zu spüren, z. B. anhand der Spionagetätigkeiten, und drittens streben sowohl die USA als auch die UdSSR nach Ruhm, so wollen sie unter anderem beide möglichst große Erfolge in der Weltraumfahrt erzielen.

Aus diesen drei Gründen — Konkurrenz, Misstrauen, Ruhmsucht —, die, wie Hobbes sagt, zur menschlichen Natur gehören, entstanden viele Konflikte und man hielt es für notwendig, aufzurüsten. Wirkliche Kampfhandlungen geschahen in Vietnam3 und Korea, weshalb diese Kriege auch «Stellvertreterkriege» genannt wurden. Es kam zur Kubakrise und auch die Trennung zwischen den besetzten Gebieten in West- bzw. Ostdeutschland wurde verschärft. Das führte zum Bau der Berliner Mauer.

Da die DDR dann aber ein Staat war, der seinen Untertanen, seinen Bürgern, nur noch dadurch Sicherheit gewähren konnte, dass er sie im eigenen Land einsperrte und sie von der STASI (Staatssicherheit) bespitzeln ließ, lehnten sich die Bürger gegen den Staat auf, sie demonstrierten, wollten zeigen, dass sie «das Volk» sind. Schließlich schafften sie es sogar wieder, «ein Volk» zu werden, allerdings auch, weil sich die Strategie der UdSSR geändert hatte: Statt um Aufrüstung und Stellvertreterkriege ging es nun um «Transparenz» (Glasnost) und «Umgestaltung» (Perestroika).

Randnotiz: Calvin und Hobbes4
Namensgeber für die beiden Comic-Figuren sind Johannes Calvin («der an die Vorherbestimmung glaubte»; Calvin sagt in einem Strip dasselbe von sich, um «nicht selbst für seine Taten verantwortlich» zu sein) und Thomas Hobbes («der ein recht düsteres Bild von der menschlichen Natur gezeichnet hat»; auch Hobbes hat ein negatives Menschenbild und einen gewissen «Stolz darauf, kein Mensch zu sein»).
Calvin ist ein kleiner Junge und Hobbes sein Stofftiger, der ihm aber wie ein richtiger Tiger erscheint. Der Comicleser sieht Hobbes teilweise durch die Augen von Calvin, dann bewegt er sich, spricht und ist größer als sein «Besitzer», teils durch die Augen der anderen Comicfiguren, z. B. den Eltern von Calvin, dann ist Hobbes ein kleines, steifes, stummes Stofftier.

 

Zum Anfang

 

 

1 http://www.dieterwunderlich.de/Grass-butt.htm

2 http://maerchenlexikon.de/at-lexikon/at555.htm

3 http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46275172.html

4 http://screamsheet.wordpress.com/2011/01/20/calvin-and-hobbes-versus-john-calvin-and-thomas-hobbes/

 

 

 

Zitat

"In einer solchen Lage ist für Fleiß kein Raum, da man sich seiner Früchte nicht sicher sein kann; und folglich gibt es keinen Ackerbau, keine Schifffahrt, keine Waren (…) keine Künste, keine Literatur, keine gesellschaftlichen Beziehungen, und es herrscht, was das Schlimmste von allem ist, beständige Furcht und Gefahr eines gewaltsamen Todes — das menschliche Leben ist einsam, armselig, ekelhaft, tierisch und kurz."

- Thomas Hobbes